Immobilien stellen immer noch die größten Investitionen dar, die getätigt werden können. Das gilt für den Privatbereich ebenso wie für den kommerziellen Sektor. Wer viel Geld nicht aus purem Spaß ausgibt, sondern um einen dauerhaften Wert zu schaffen, der möchte umso dringender und genauer wissen für was er diesen Preis zahlt. Folglich stellt es keine Übertreibung dar zu sagen, dass die Immobilienbewertung eine Wissenschaft für sich ist.
Es gibt eigene Verfahren für das Bewerten von Hotels, Luxusimmobilien, Kaufhäusern, Häusern und Wohnungen in bestimmten Regionen bzw. Lagen. Einige davon wurden akademisch durch Dissertationen oder Diplomarbeiten entwickelt und andere in der Praxis durch renommierte Unternehmen. Ein paar Grundsätze kann jedoch kein Verfahren vollständig ignorieren und wir wollen für die Einschätzung von Wohnungs- und Hauswerten diese Basisannahmen kurz beleuchten.
Welche Grundsätze gibt es bei der Immobilienbewertung?
Es werden einige sehr grundlegende Wertverfahren unterschieden. Die beiden bekanntesten Methoden sind das Sachwertverfahren und das Vergleichswertverfahren. Die ermittelten Ergebnisse werden anschließend durch zusätzliche Faktoren korrigiert:
- Mikro-Lage
- Ausstattung der Wohnung / des Hauses
- Eindruck der Immobilie
- Vergleichsweise Größe der Immobilie
- Grundstückswert des Hauses
Mikro-Lage der Immobilie
Eine Eigentumswohnung kann einer vollständigen Renovierung unterzogen worden sein, mit einem modernen Badezimmer, einer hochfunktionalen Küche und dem gemütlichsten Wohnzimmer der Stadt hervor stechen. Wenn durch das Badezimmer-Fenster Gestank eintritt, das Wohnzimmer zu jeder Zeit mit Lärm erfüllt ist und niemals ein gemeinsames Frühstück in der Küche statt findet, da die Kinder zu früh in die weit entfernte Schule aufbrechen müssen, dann wäre es mehr als fiktiv nur einen Sachwert heran zu ziehen.
Die Immobilienbewertung muss in jedem Fall unter Einbezug der umliegenden Umgebung erfolgen. Dabei stellen sich unter anderem folgende Fragen:
- Wie sieht die Nahversorgung aus?
- Wo befinden sich die nächsten Schulen?
- Welche Verkehrsanbindungen bestehen vor Ort?
- Gibt es Freizeit- und Erholungsangebote in der nächsten Umgebung?
- Wie gut sind die sozialen und medizinischen Einrichtungen ausgestattet?
- Wie gliedert sich die Nachbarschaft entsprechend demographischen oder sozialen Aspekten?
- Wie sieht die Versorgung bezüglich Internet, Strom und Wasser aus?
- Welche Umweltbelastungen wie Lärm oder Schmutz sind zu erwarten?
- Welche wirtschaftlichen Möglichkeiten bieten sich in der Umgebung?
Die Antworten auf all diese Fragen beeinflussen den Wert eines Hauses oder einer Wohnung maßgeblich und müssen nach der Anwendung des Vergleichswertverfahrens oder des Sachwertverfahrens möglichst genau beantwortet werden.
Die Ausstattung und der Eindruck der Wohnung oder des Hauses
Dieser Punkt wird zwar vom Sachwert-Verfahren sehr gut berücksichtigt, wie wir bei der kurzen Erklärung später darlegen werden, aber für den Vergleichswert stellt die Ausstattung und der Eindruck einen wesentlichen Korrektur-Faktor dar. Schließlich ist es schwer aussagekräftige Vergleiche von ganz identisch ausgestatteten und instandgehaltenen Immobilien zu erhalten. Es kann natürlich sein, dass die Nachbarwohnung einen verhältnismäßig hohen Preis pro Quadratmeter erzielt hat, aber die eigene Immobilie durchaus weniger wert ist, da das Badezimmer 30 Jahre alt ist oder der Boden aus verdrecktem Linoleum besteht, während die verkaufte Wohnung erstklassigen Parkett bot.
Es erscheint auch sehr intuitiv, dass der allgemeine Eindruck, sprich die Instandhaltung, sowie zusätzliche oder fehlende Investitionen in die Immobilie den Wert entsprechend beeinflussen. Diesbezüglich kann es sich als sehr vorteilhaft heraus stellen, über entsprechende Renovierungskosten Bescheid zu wissen, denn damit kann eine näherungsweise Wertkorrektur schnell und einfach vorgenommen werden, sofern der Wert der Nachbarwohnungen oder der Nachbarhäuser bekannt ist. Legt man diese Vergleichswerte zu Grunde und bemisst die Investitionen, die notwendig wären um das eigene oder angestrebte Objekt auf das entsprechende Niveau zu heben, ergibt sich erneut ein guter Nährungswert.
Die Größe der Immobilie im Vergleich zur durchschnittlichen Größe der Region
Manchmal gibt es besondere Perlen im Immobilienbereich, die durch ganz einzigartige Eigenschaften nicht mit den umliegenden Objekten gleich gesetzt werden können. Oft ergibt sich dieses Herausstellungsmerkmal durch eine überdurchschnittliche Größe. Gerade in dichtbesiedelten Stadtgebieten kann eine gewisse Einzigartigkeit, wie ein Einfamilienhaus umgeben von Wohnblöcken oder eine überdimensionierte Altbauwohnung beinahe nur mit Gold aufgewogen werden und fällt praktisch aus allen klassischen Bewertungsverfahren heraus.
Der Grundstückswert des Hauses
Es existiert noch ein weiteres Kriterium der Immobilienbewertung, welches dem Sachwert-Verfahren entscheidend widerspricht. Es kann nämlich vorkommen, dass ein beispielsweise geerbtes Haus den Wert des darunterliegenden Grundstücks nur schmälert und ein Abriss den Wert sogar steigern würde, selbst nach Abzug der Abrisskosten. Dabei handelt es sich natürlich um eine Extremform des oben angesprochenen Punktes „Ausstattung und Eindruck“, aber bei einer professionellen Bewertung wird dies oft in Betracht gezogen.
Das Sachwertverfahren
Der Grundsatz dieses Verfahrens lässt sich leicht umschreiben. Es werden schlichtweg die Kosten angenommen, die notwendig wären um die vorliegende Wohnung oder das Haus neu zu errichten. Dann wird der gemessene Wert entsprechend den oben erwähnten Faktoren erhöht oder vermindert.
Das Sachwertverfahren war früher gerade für Eigentumswohnungen im eigenen Besitz oder entsprechende Häuser sehr beliebt. Doch in der letzten Zeit hat sich das Vergleichswert-Verfahren ebenfalls in diesem Bereich durchgesetzt, da der reine Sachwert zu fiktiv ist und nur der Verkehrswert unter Einbezug der aktuellen Marktsituation einen tatsächlich vertrauenswürdigen Anhaltspunkt liefert, wenn eine Verkaufs- oder Kauftransaktion in Betracht gezogen wird. Für eine rein persönliche Bewertung aus Neugierde kann dieses Verfahren aber sehr wohl noch eingesetzt werden. Zudem wird dieser Ansatz mit dem Vergleichswert gekoppelt um die Ergebnisse entsprechend in Relation zu setzen.
Das Vergleichswertverfahren
Dieses Verfahren drückt schon durch den Namen die angewendete Methodik aus. Es werden nach Möglichkeit passende Vergleichswerte von tatsächlich realisierten Immobilien-Transaktionen aus der unmittelbaren Umgebung heran gezogen. Die oben erwähnten Korrekturfaktor finden zwar weiterhin Anwendung, aber es wird davon ausgegangen mit diesem Verfahren einen viel genaueren Verkehrswert festzustellen. Darauf zielt die Bewertung eines Hauses oder einer Wohnung letztlich ab. Den Wert festzustellen, der gemäß der aktuellen Marktlage für das Objekt vertretbar ist. Egal ob die Motivation für die Bewertung ein Kauf oder Verkauf ist – der Marktpreis soll unterm Strich dabei raus kommen.
Zur Umsetzung dieses Verfahrens werden nicht nur Erfahrungswerte der Experten heran gezogen, sondern auch regelmäßig erstellte Immobilienmarktberichte. Ein lokales Beispiel wäre der jährliche Wi&Wo Marktbericht für Innsbruck. Für dessen Erstellung werden alle beurkundeten und folglich tatsächlichen Transaktionen aus dem Grundbuch ausgelesen und statistisch verarbeitet.
Ähnlich erstellte Berichte werden ebenfalls für das gesamte österreichische Bundesgebiet angefertigt und stehen auf den News-Seiten von RE/MAX, im Immo-Preisatlas oder an anderer Stelle zur Einsicht zur Verfügung gestellt. In den bundesweiten Berichten werden jedoch meist sehr große Gebiete zusammengefasst. Der Innsbrucker Marktbericht macht jedoch deutlich, dass schon innerhalb von einzelnen Stadtteilen große Schwankungen herrschen können. Diese Marktwerte sind also für einen ersten Überblick interessant,. aber für ein endgültiges Urteil muss ein Fachmann ran.
Weitere Bewertungsgrundlagen und das Expertengutachten
Zuerst muss erwähnt werden, dass ein Gutachten eines gerichtlich zertifizierten Sachverständigen nicht gratis zu bekommen ist. Die Arbeit dieser Experten ist aber in der Regel ihr Geld in mehrerer Hinsicht wert. Durch die fachgerechte Anwendung der oben genannten Kriterien und Verfahren verkaufen Sie nicht zu günstig oder erwerben eine Immobilie nicht zu einem überteuerten Preis.
Ein weiteres Beispiel beschreibt einen wichtigen Bewertungsfaktor, der noch nicht angeführt wurde, um aufzuzeigen an welche zusätzlichen, vielleicht unerwarteten Kriterien bei der Bewertung von Immobilien gedacht werden muss – ein Sachverständiger wird auch diese Kriterien nicht übersehen. Stellen Sie sich vor Sie haben zufällig circa € 80.000 ungenutzt auf dem Konto, die aus einer abgelaufenen Lebensversicherung stammen, und wollen diese in eine Wohnung in Wien investieren, die Sie dann vermieten möchten. Jetzt wäre es natürlich wichtig zu wissen, welchen Mietpreis sie später verlangen können. Ob der Mietpreis frei wählbar oder weitgehend vorgegeben ist, bestimmt sich durch die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes. Ein Experte weiß den gewünschten Mietgegenstand auch diesbezüglich einzuordnen und kann Sie folglich vor einer Fehlinvestition bewahren. Die Beauftragung eines Gutachtens einer einzelnen Privatimmobilie kostet in der Regel nur ein paar hundert Euro.
Das führt uns direkt zum Hypothekenbankgesetz – speziell zu §12 und §13. Die Wertermittlung für eine Hypothek darf nämlich nur über die dauerhaft bestehenden Eigenschaften und die zu erzielenden Erträge erfolgen. Die Erträge bestimmen sich in manchen Fällen über das gerade angesprochene Mietrechtsgesetz und die dauerhaft bestehenden Eigenschaften wären in ihrer reinsten Form nur der Wert des Grundstücks bzw. Baugrundes, wie bei den Grundsätzen der Immobilienbewertung angesprochen. Ein Fachgutachten kann diese zwei Punkte realistisch positiv darstellen und somit ebenfalls die Finanzierungsmöglichkeiten, die an eine Immobilie gebunden sind, verbessern. In manchen Fällen verwenden Banken nämlich nur Durchschnittswerte aus den angesprochenen Marktberichten ohne individuelle Gegebenheiten zu beachten und kommen demnach zu negativeren Basiswerten als angemessen wären.
Eine unumstößliche Erkenntnis sticht bei der Immobilienbewertung noch stärker hervor als beispielsweise bei einer PKW-Wertermittlung. Nur ein Fachmann kann ein zuverlässiges Gutachten über den Wert Ihrer Eigentumswohnung oder Ihres Hauses erstellen. Trotzdem bleibt es ein spannendes Unterfangen von Zeit zu Zeit die Immobilienmarktberichte der Region einzusehen, wenn Sie nicht direkt vor einem Verkauf oder Kauf stehen. So können Sie die Entwicklungen des Marktes beobachten, die angesprochenen Minderungs- oder Aufwertungsgründe abschätzen und zumindest ungefähr den Wert Ihres Eigentums bestimmen.